Mein Weg ins Selfpublishing

Mein Weg ins Selfpulishing.

Zu Beginn war Selfpublishing weniger eine bewusste Entscheidung als ein Spiegel meiner eigenen Zweifel. Ich glaubte, bei einem Verlag hätte ich ohnehin keine Chance. Mein Impostersyndrom kickt mal wieder gewaltig. Was ich nie wollte, war für die Schublade schreiben. Mir war schon sehr früh bewusst, dass Schreiben unglaublich viel Zeit in Anspruch nimmt und irgendwie ahnte ich auch, dass es sehr herausfordernd sein würde. Also tat ich das einzig Logische – ich schrieb nicht.

Am Anfang war die Idee

Es war 2008 oder 2009, so genau weiß ich es gar nicht mehr, da tauchte eine Idee auf, die mich nicht mehr losließ. Ich hatte eine Szene vor Augen von einer Frau, die erfuhr, dass ihre Jugendliebe gestorben war. Damals spielte er in der Schulband, doch als seine Musikkarriere Fahrt aufnahm, trennten sie sich. Er wurde zum Star. Umjubelt von Fans, gejagt von der Presse. Der nette Junge von damals wurde zum missverstandenen Sonderling, der schließlich am Druck scheiterte, den Drogen verfiel und sein Leben für die Kunst gab.

Die junge Frau, nennen wir sie Emma, war verzweifelt, gab sich selbst die Schuld an seinem frühen Tod und wünschte, die Geschichte ändern zu können. An diesem Punkt kamen dann Zeitreisen ins Spiel, aber das wurde dann wirklich sehr kompliziert.

Es war der Ausgangspunkt für meinen ersten Roman und auch wenn diese Szene es nie ins Buch geschafft hat, ließ mich die Geschichte nicht mehr los. Ich träumte von ihr, spielte sie immer wieder durch, schrieb sie sogar auf, in der Hoffnung, sie so aus meinem Kopf zu bekommen. Aber dieser Musiker, ich gab ihm später den Namen Caden, wollte einfach keine Ruhe geben. Es dauerte einige Jahre – wenn ich mich richtig erinnere, waren es 3 oder 4 Jahre des Schreibens, Lernens und Überarbeitens – bis mein Debütroman 2022 erschien.

Meine Heldenreise beginnt mit einem Blogbeitrag

Erst über einen Blogbeitrag von Annika Bühnemann ‚Vom Schreiben leben‚ stieß ich auf Selfpublishing. Das gab es natürlich schon lange vorher. Sogar Goethe war aus heutiger Sicht Selfpublisher! Bevor Amazon (ja, der böse globale Player!) den Markt revolutionierte, war Selfpublishing zwar möglich, aber eine absolute Nische und die Bücher teuer. Das lohnte sich vielleicht noch für Fachliteratur mit Nischenthemen (Keine Ahnung. Atomspaltung in der heimischen Küche?), für Belletristik war das meiner Ansicht nach keine wirkliche Option.

Als Amazon mit kdp und E-Books den großen Selfpublishing Boom auslöste, war ich mit kleinen Kindern und Hausbau mehr als ausreichend beschäftigt. Ich hatte die Chance, von Beginn an mitzumischen, verpasst. Vielleicht war das tragisch. Vielleicht auch nicht, denn gerade in den Anfängen haftete dem Selfpublishing ein fieses Schmuddelimage an. Schlechte Cover, unlektorierte Text … Aber die Autoren lernten rasch und professionalisierten sich. Inzwischen gibt es nicht wenige Autoren, die für Verlage UND im Selfpublishing schreiben!

Dank Annikas Blogartikel wurde mir klar, ich kann die Geschichte schreiben und veröffentlichen. Sie räumte mit meinen Glaubenssätzen auf, erzählte von ihrem Weg, der sich so anhörte, als wäre sie eine Zukunftsvision von mir. Plötzlich wusste ich, egal, was ich schreibe, es wird nicht in der Schublade liegen bleiben!

Letztlich war der Weg dann doch nicht so einfach. Als ich endlich die Zeit zum Schreiben fand, stellte ich fest, dass es ohne das grundlegende Schreibhandwerk nicht funktionierte.

Selfpublishing bedeutet Lernen

Als angehender Selfpublisherin erarbeitete ich mir in Kursen, Workshops und Büchern das Handwerk. Was ist ein Plot, wie entwickelt man glaubhafte Charaktere und was ist mit Infodump gemeint? Plötzlich wusste ich, warum meine vorigen Versuche, die Geschichte aufzuschreiben, immer auf Seite 40 scheiterten.
Ich lernte, dass es mit dem Schreiben allein nicht getan ist, dabei war das bereits harte Arbeit. Spaßig wurde es beim Thema Überarbeitung, Testlesern und Lektorat.

Ich arbeite mich in Buchsatzprogramme ein und hörte zum ersten Mal von Hurenkindern und Schusterjungen. Ich lernte, wie man ein E-Book hochlädt, was Metadaten sind, wie man Keywords findet und was die Selfpublisherbibel ist. Wie setzt man eine Vorbestellung ein und wie funktionieren Ads? Ich designte plötzlich Lesezeichen und setzte mich überhaupt zum ersten Mal mit Grafikprogrammen auseinander. Eine eigene Webseite folgte, ein Newsletter und ein Blog. Es war und ist viel und ich lerne noch immer. Es ist herausfordernd, es ist viel und gerade wenn es technische Schwierigkeiten gibt, möchte ich manchmal aufstehen und in ein Kissen heulen.

Aber es ist auch eine unglaubliche Chance. Ich bin quasi dazu gezwungen, mich ständig weiterzuentwickeln, neugierig zu bleiben und zu lernen. Das macht durchaus auch Spaß und manchmal entdecke ich die Freude auch erst beim Tun. Es ist ein Weg, den ich in meinem Tempo gehen kann und auch das ist ein wichtiger Punkt. Ich setze mir die Veröffentlichungstermine selbst. Wenn ich länger brauche, dann ist es so. Dann kann ich mir und der Geschichte diesen Raum geben. Dieser Freiraum ist für mich unglaublich wichtig.

Selfpublishing heißt Verantwortung zu übernehmen

Im Selfpublishing habe ich die volle Entscheidungsgewalt. Ich suche das Cover aus, wähle eine Lektorin. Ich entscheide über den Klappentext und vor allem über den Inhalt des Buches. Keine Anpassungen für den Markt, außer ich will es so. Das ist wahnsinnig toll und gleichzeitig ein Problem, denn ich bin für jede Entscheidung selbst verantwortlich. Hier stehen keine Experten hinter dem Buch, keine Marketing-Abteilung. Ich muss mir alles selbst aneignen oder Expertise teuer einkaufen. Misserfolge und falsche Entscheidungen sind allein in meiner Verantwortung. Da ist kein Verlag, der das falsche Cover gewählt oder zu wenig Marketing gemacht hat, auf den ich schimpfen kann, wie ich es so oft mitbekomme.

Selfpublishing ist teuer

Selfpublishing bietet höhere Margen. Mit einem E-Book kann man bei Amazon bis zu 70 % des Verkaufspreises erzielen. Das klingt super? Allerdings gibt es hier bereits eine Einschränkung. Reduzierte Bücher, wie die beliebten 99 Cent Aktionen, erhalten nur 35 % Tantiemen. Und leider verkaufe ich gar nicht so viele E-Books. Mein größter Umsatz läuft über Kindle Unlimited, ein Ausleihprogramm für Viellesende. Leider verlangt Amazon von den Autoren Exklusivität, weshalb ich mich mit meinen E-Books entweder für Kindle Unlimited oder andere Plattformen wie Tolino entscheiden muss. Mit Kindle Unlimited verdiene ich pro gelesenem Buch, welches knappe 400 Buchseiten umfasst, etwa 1 €. Das klingt nicht viel, ist aber immer noch mehr, als Verlagsautoren für ihre Bücher bekommen. Hier sind es für Printausgaben häufig nur 7 % des Nettoladenpreises. Also etwas unter einem Euro. Bei E-Books ist von 20 bis 30 % die Rede.

Jetzt kann man sich selbst ausrechnen, wie viele Bücher man verkaufen muss, um die Herstellungskosten, also Lektorat, Korrektorat, Cover und Werbung wieder reinzubekommen. Von „Cupcakes und bittersüße Kaffeeküsse“ habe ich innerhalb von 11 Monaten 128 E-Book Exemplare verkauft, wobei ein Teil zum reduzierten Preis über die Ladentheke ging. Gelesene Seiten waren es zu dem Zeitpunkt etwa 85.000.

Reich wird man mit dem Schreiben also nicht und selbst bis man sich ein Zubrot damit verdient, ist es eine weite Strecke, die man gehen muss.

Fazit

Würde ich mich wieder für den Weg entscheiden? Ja! Auch wenn ich es mir einfacher vorgestellt habe. Die Freiheit, selbst zu gestalten und mich ständig mit neuen Inhalten auseinanderzusetzen, ist es mir wert. Natürlich träume auch ich davon, dass sich die Bücher zukünftig selbst finanzieren. Aber jeder Weg setzt sich aus vielen einzelnen Schritten zusammen. Jedes Mal, wenn ich an meinem Schreibtisch sitze und an meinen Geschichten schreibe, ein Cover entwerfe oder am Klappentext feile, dann lebe ich meinen Traum.

Wurde eines meiner Manuskripte von Verlagen oder Agenturen abgelehnt? Nein, denn ich habe nie etwas eingereicht. Wahrscheinlich würde ich viele Absagen bekommen. Das wäre auch ganz normal und keineswegs ungewöhnlich! Gut möglich, dass es mich so treffen würde, dass ich gar nicht, oder zumindest sehr lange nicht mehr schreiben würde. Ich glaube aber auch, dass es nicht unmöglich wäre, einen Vertrag mit einem Kleinverlag abzuschließen. Die Frage, die sich dann stellt: Kann ein Kleinverlag mir mehr bieten, als es das Selfpublishing kann?

Und letztlich dürfen wir uns auch die Frage stellen, was Erfolg für uns ausmacht. Ist es das Bestseller-Fähnchen? Die 100 verkauften Bücher? Oder es ist die großartige Leistung, überhaupt ein Buch geschrieben zu haben. Das Wörtchen Ende auf die letzte Seite gesetzt zu haben, trotz all der Schwierigkeiten, die sich einem in den Weg gestellt haben?

Diese Frage darf sich jede und jeder selbst beantworten.

Herzlichst, Deine

Autorin Kassia L. Hill

3 Kommentare zu „Mein Weg ins Selfpublishing“

  1. Und wieder was gelernt! 2008/2009 kam dir die Idee zu deinem zauberhaften Debütroman. Wie cool! Genau die Zeit, wo ich auch wieder anfing mehr darüber achzudenken. 2010 habe ich dann wieder aktiv angefangen zu schreiben. Wie toll.

    Der Weg ist hart und steinig, aber wie du schon schreibst – ich würde den Weg genauso auch noch mal gehen.
    Ich glaube zwar nicht, dass ein Verlag dich ablehnen würde, aber ich schätze, es geht dir auch ein wenig so wie mir: Freiheit in allem, was man tut.

    Ich liebe deine Romane und kann mich einfach nur auf weitere neue freuen <3

    1. Ja, es geht auch um Freiheit. Nicht in ein Verlagsprogramm gepresst zu werden. Keine festen Deadlines, die ich ohnehin ständig reißen würde. Und am Ende ist es eben ein riesiger Apparat. Jeder will und soll ja auch an dem Produkt Buch gewinnen. Dass ausgerechnet die Erschaffer dabei mit ein paar Krümeln abgespeist werden, stößt mir allerdings übel auf.
      Mit der Zeit, das ist allerdings (schon wieder) ein interessanter Zufall. Wir haben echt viel gemeinsam. Nur warst du dann schneller. 😉

      1. Das unterschreibe ich zu 100 %. Ich würde keine Deadline einhalten und mich nur kaputtmachen, weil nur, weil man für einen Verlag schreibt, ist man ja nicht automatisch so mit Geld gesegnet, dass man seinen normalen Job aufgeben kann. Wie das bei mir enden würde, ist mir sehr klar … 🙂
        Ja, geht mir ähnlich. Aber so ist das eben in einer Industrie, die unheimlich viele Resourcen hat und das Angebot die Nachfrage übersteigt.

        Ja, das haben wir 🙂 Passt schon, dass wir partnerinnen in crime wurden <3

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