Weihnachten, das Fest der Liebe. Häuser werden festlich geschmückt, Geschenke gekauft und in der Küche duftet es herrlich. Die Kinder basteln Papiersterne, im Kamin knackt ein Feuer und draußen fallen dicke Schneeflocken.
Das Familienoberhaupt spaziert mit dem Baum zur Tür herein. Mit stolz geschwellter Brust bugsiert er die frisch geschlagene Tanne in den Christbaumständer. Alle verziehen das Gesicht. Zu klein, zu schief, zu buschig. In der Küche richt es inzwischen verbrannt und als auch noch Tante Margarete überraschend mit selbstgestrickten Schals vor der Tür steht – so wie jedes Jahr – ist der Streit vorprogrammiert.
O, du schreckliche Weihnachtszeit!
Wie schaffen wir es, dass die Vorfreude auf Weihnachten nicht von Stress und unerfüllten Erwartungen überschattet wird?
Inhaltsverzeichnis
Der Ursprung von Weihnachten und seine Bedeutung
Um die Wurzeln von Weihnachten zu verstehen, müssen wir einen Blick in die vorchristliche Zeit werfen. Lange bevor das Christentum entstand, gab es in vielen Kulturen bereits Rituale und Feste, die mit der Wintersonnenwende zusammenhingen. Diese Feiern markierten den Wendepunkt des Winters und wurden in verschiedenen Formen und Namen weltweit begangen. Um 500 vor Christus feierte man im Römischen Reich am 25. Dezember den Geburtstag des Sonnengottes Sol. Im heutigen Skandinavien wurde das Julfest gefeiert.
Im Christentum galt das Sonnenwendfest als heidnischer Brauch. 400 Jahre nach Christi Geburt verboten die damaligen Kirchenoberhäupter die Festlichkeit. Doch zu stark war die Verankerung in der Gesellschaft, deshalb entschied die Kirche, das Fest Jesus zu widmen und so auch Heiden für ihren Glauben zu gewinnen. Seither feiern die Christen statt der Wintersonnenwende den Geburtstag von Jesus am 25. Dezember. Somit verschmolzen alte Traditionen mit den christlichen Lehren, und Weihnachten, wie wir es heute kennen, begann langsam Form anzunehmen.
Die Verbindung von Lichtern, Dekorationen und Geschenken mit der Geburt Christi verlieh dem Fest eine tiefere Bedeutung und schuf eine Mischung aus christlichen Lehren und alten Traditionen. Jesus als Lichtbringer und Hoffnungsträger in der dunklen Jahreszeit. So entstand über die Jahrhunderte hinweg das Weihnachtsfest, wie wir es heute kennen. Wir feiern die Liebe, Familie und Gemeinschaft. Auch wenn der Glauben heute bei vielen in den Hintergrund gerückt ist, spielen die Symbole, das Licht und die damit verbundene Hoffnung noch immer eine große Rolle.
Traditionen zu Weihnachten in Deutschland
Die Adventszeit, die vier Wochen vor dem 24. Dezember, ist in Deutschland geprägt von einer besonderen Atmosphäre. Jeden Sonntag entzünden wir ein Kerzenlicht am Adventskranz und die Vorfreude steigt. Die Ursprünge des Adventskranzes lassen sich im 19. Jahrhundert in Deutschland finden. Es wird angenommen, dass der evangelische Theologe Johann Hinrich Wichern eine Art Vorläufer des Adventskranzes geschaffen hat.
Wichern leitete in Hamburg das Rauhe Haus, ein Waisenhaus für benachteiligte Kinder. In den Jahren 1839 bis 1843 soll er ein hölzernes Wagenrad genutzt haben, um den Kindern die verbleibenden Tage bis Weihnachten zu verdeutlichen. Er platzierte 20 kleine rote und vier große weiße Kerzen auf dem Rad. Jeden Tag wurde eine kleine rote Kerze angezündet, und an den Sonntagen eine große weiße. Dieses Rad kann als eine frühe Form des Adventskranzes betrachtet werden.
Die moderne Form des Adventskranzes, wie wir sie heute kennen, wurde später weiterentwickelt, wobei der Kranz aus Tannenzweigen gefertigt wurde und die vier Kerzen die Adventssonntage repräsentieren. Der Adventskranz hat seitdem einen festen Platz in vielen Haushalten und Kirchen gefunden und ist zu einer beliebten Tradition in der Adventszeit geworden. Dieser Brauch symbolisiert das Warten auf das Licht der Geburt Jesu.
Einige bevorzugen auch einfache Gestecke mit nur einer Kerze, oder Varianten, die nicht klassisch rund sein müssen. Allen gemein ist die Sichtbarmachung des nahe rückenden Ereignisses. Mit dem Licht kommt Helligkeit und Wärme in die Dunkelheit.
Ein weiteres zentrales Element der deutschen Weihnachtstradition ist der festlich geschmückte Tannenbaum. Die grünen Zweige symbolisieren das Leben und die Hoffnung. Der Brauch des geschmückten Weihnachtsbaumes, so wie wir ihn heute kennen, wurde erst im 19. Jahrhunderts populär. Wurden zu Beginn Lebkuchen und Äpfel aufgehängt, sind es heute Strohsterne und Christbaumkugeln.
Der geschmückte Tannenbaum gehört in vielen Ländern zu Weihnachten, wobei Deutschland als seine historische Wiege betrachtet wird. Das Aufstellen und Schmücken des Weihnachtsbaumes ist in vielen Familien ein großes Event. In einigen Familien wird der Baum bereits Anfang Dezember aufgestellt. In anderen erst kurz vor dem Fest, manchmal sogar am 24. selbst.
Doch auch Traditionen wandeln sich. So finden sich in vielen Wohnzimmern keine frisch geschlagenen Nordmanntannen oder Blaufichten mehr. Ob der Plastikbaum, moderner Lattenbaum oder nur ein paar dekorierte Zweige, jede Familie zeigt auch hier ihre Individualität. Auch bei uns steht seit wenigen Jahren ein Lattenbaum, den mein Mann mit den Kindern selbst gebaut hat. Nach Weihnachten steht er praktisch zusammengeklappt im Keller hinter einer Tür und nimmt keinen Platz weg. Und selbst die Katzen haben keine Lust mehr, in den Baum zu springen und für Chaos zu sorgen.
Die Bescherung erfolgt in Deutschland traditionell am 24. Dezember. Während im süddeutschen Raum oft das Christkind die Geschenke unter den Weihnachtsbaum legt, tritt in anderen Regionen der Weihnachtsmann in Erscheinung. Der Weihnachtsmann hatte sich bereits im 19. Jahrhundert entwickelt. Die Figur des Christkindes als Geschenkebringer gilt als Erfindung Martin Luthers. Der Reformator war dagegen, Heilige zu verehren. Stattdessen sollte die Bescherung der Kinder mehr mit Gott selbst zu tun haben. Und so wurde von den Protestanten der „heilige Christ“ als eine Art überirdisches Wesen eingeführt.
Der Weihnachtsmann hingegen ist eine Verschmelzung von Bischof Nikolaus und seinem Begleiter Knecht Ruprecht. Der Weihnachtsmann übernahm die Stiefel seines Begleiters, Sack und Rute, behielt jedoch seinen Mantel und den Bischofshut, der zunehmend zur Zipfelmütze abgewandelt wurde. Die Coca-Cola-Werbung machte ihn schließlich populär. Der Mann mit Rauschebart und rotem Mantel war geboren.
Interessant ist, dass heute in katholisch geprägten Regionen das Christkind die Geschenke bringt, in protestantischen Gegenden ist es der Weihnachtsmann. Was genau entgegengesetzt zu Luthers Bestreben steht.
Zwischen Harmonie und Erwartungen: Die Realität von Weihnachten
In unserer Vorstellung ist Weihnachten ein harmonisches Bild: Die Familie versammelt sich um den festlich geschmückten Tisch, lacht und teilt liebevolle Momente. Doch die Realität kann oft von hohen Erwartungen überschattet sein. Der Druck, ein perfektes Fest zu organisieren, führt nicht selten zu Konflikten und Stress. Unterschiedliche Vorstellungen, finanzielle Belastungen und unerfüllte Erwartungen können die besinnliche Zeit trüben.
Unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie das ideale Weihnachtsfest aussehen sollte, können Familienmitglieder in Konflikte verwickeln. Die eine Seite träumt von einer traditionellen Feier mit besinnlichen Momenten, die andere Seite bevorzugt eine modernere, lockere Atmosphäre. Diese unterschiedlichen Erwartungen können zu Missverständnissen und Unstimmigkeiten führen.
Die Last, perfekt zu sein, kann schwerwiegend sein und dazu führen, dass wir den eigentlichen Zauber der Feiertage aus den Augen verlieren. Doch inmitten all dieser Herausforderungen sollten wir uns daran erinnern, dass es bei Weihnachten nicht um Perfektion, teure Geschenke und die perfekt herausgeputzte Wohnung geht. Vielmehr geht es doch darum, gemeinsam Zeit zu verbringen und die kleinen, aber bedeutsamen Augenblicke zu schätzen. Sich auch über Kleinigkeiten zu freuen, ein gemeinsames Essen zu genießen und Geschichten zu teilen.
Vier Tipps, um Konflikte an Weihnachten zu entschärfen oder zu vermeiden
- Kommunikation ist der Schlüssel: Offene Gespräche über Erwartungen und Wünsche können Missverständnisse im Vorfeld verhindern und dazu beitragen, dass alle Familienmitglieder einbezogen werden. Jemand möchte nicht in den Gottesdienst? Vielleicht kann derjenige die Zeit nutzen und schon mal den Tisch decken? Statt alles allein zu organisieren, teilt die Verantwortlichkeiten und Aufgaben. So entlastet ihr euch und schafft Raum für gemeinsame Vorfreude.
- Heiße Eisen: Manche Themen sind wahre Pulverfässer. Ob es nun Politik ist, die neue Freundin von Onkel Paul oder das liebe Geld. Ihr wisst selbst, bei welchen Themen es immer wieder zum Streit kommt. Kramt vor allem keine alten Themen hervor. Sie werden sicher nicht ausgerechnet an Weihnachten geklärt werden können. Vereinbart bereits vorher, dass an Weihnachten nicht darüber gesprochen wird, wenn euch der Frieden des Festes lieb ist.
- Flexibilität und Akzeptanz: Weihnachten kann nicht perfekt sein. Akzeptiert, dass nicht alles nach Plan verlaufen wird, und seid flexibel. Die wertvollsten Momente entstehen oft spontan und ungeplant. Versucht tief durchzuatmen, wenn die Soße angebrannt ist oder das Dessert misslungen und erinnert euch daran, worum es wirklich geht.
- Bewegung und Lachen: Erwartet nicht, dass an Weihnachten alles perfekt läuft. Wenn es doch zum Streit kommt, tut es auch einmal gut, sich eine kleine Auszeit zu nehmen. In unserem hektischen Alltag sind wir es oft gar nicht mehr gewohnt, so eng „aufeinanderzuhocken“. Noch dazu in einer emotional so aufgeladenen Situation. Macht einen kleinen Spaziergang. Das tut gut und der Ärger verfliegt, bevor die Luft immer dicker wird.
Weihnachten in Geschichten: Friede, Freude, Eierkuchen?
In meinem Roman „Das Glück kommt auf drei Pfoten“ erleben die Protagonisten Rebekka und Michi das Weihnachtsfest auf sehr unterschiedliche Weise. Während Rebekka in harmonischer Gemeinschaft mit ihren Eltern feiert, gutes Essen, Spiele und Gespräche genießt, liegt über Michis Fest ein Schatten der Trauer.
Auch er verbringt das Weihnachtsfest bei seinen Eltern, doch die festliche Stimmung scheint von einer schweren Last überschattet zu sein, und die Spannungen zwischen Michi und seinem Vater sind förmlich greifbar. Das Fest, das für viele ein Symbol der Liebe und Gemeinschaft ist, wird für Michi zu einem Spiegel seiner eigenen emotionalen Herausforderungen und familiärer Spannungen.
Diese beiden Szenen verdeutlicht eindringlich, dass Weihnachten nicht für jeden dasselbe bedeutet. Es ist eine Zeit, die von individuellen Erfahrungen, Emotionen und Erinnerungen geprägt wird. Während einige das Fest als Anlass zur Freude und Liebe empfinden, können für andere schmerzhafte Erinnerungen oder Verluste die festliche Atmosphäre trüben.
In dieser festlichen Zeit wünsche ich dir ein Weihnachten voller Liebe, Verständnis und Harmonie. Möge die Magie des Festes nicht durch Stress und überhöhte Erwartungen getrübt werden. Lasst uns gemeinsam an die Werte von Weihnachten erinnern, an die Magie von leuchtenden Kinderaugen und Plätzchenduft.
Ich wünsche dir frohe Weihnachten, unvergessliche Momente und ein glückliches neues Jahr!